EIWEIß in der Pferdefütterung - Teil I
Eiweiß – auch Protein genannt – sorgt bei vielen Pferdehaltern immer noch für Verunsicherung, da es lange als Auslöser vieler Krankheiten galt. Neben Kohlenhydraten und Fetten zählt auch Eiweiß zu den drei Hauptnährstoffen, die das Pferd benötigt. Es sollte also keinesfalls auf jegliche Eiweißzufuhr verzichtet, sondern an den Bedarf des Pferdes angepasst werden.
Was ist Eiweiß und woraus besteht es?
Eiweiß besteht aus einer Aneinanderreihung von 20 verschiedenen Aminosäuren und gilt als Hauptbestandteil jeder Körperzelle. Bei Aminosäuren wird in essentielle und nicht essentielle Aminosäuren unterschieden. Während nicht essentielle Aminosäuren selbst vom Körper hergestellt werden können, müssen essentielle Aminosäuren wie zum Beispiel Lysin, Tryptophan, Methionin und Threonin regelmäßig über das Futter aufgenommen werden.
Welche Aufgaben hat Eiweiß?
Die meisten verbinden Eiweiß lediglich mit dem Muskelaufbau und eventuell noch mit der Milchproduktion bei Zuchtstuten, dabei ist es für den gesamten Stoffwechsel und Körper des Pferdes wichtig. Haare, Haut, Hufe, Organe, Nerven, Muskeln und sogar Antikörper bestehen zum Großteil aus Eiweiß und benötigten dementsprechend eine ausreichende Versorgung. Proteine sind also nicht nur für den Muskelaufbau und die Milchproduktion zuständig, sondern für sämtliche lebenswichtige Prozesse im Körper.
Aufgaben der einzelnen Aminosäuren:
- Methionin ist die wichtigste organisch gebundene Schwefelquelle, die große Bedeutung für das Fell- und Haarkleid sowie das Hufwachstum und den Zellstoffwechsel hat. Ein Mangel kann unter anderem zu stumpfem Fell, Ekzemen, brüchigen Hufen oder auch Leberschäden führen.
- Lysin und Threonin gelten als Aminosäuren der Muskeln. Sie sind wichtig für Aufbau, Regeneration und Erhalt der Muskelmasse. Eine Zufütterung der beiden Aminosäuren kann bei Sportpferden sinnvoll sein, da Lysin und Threonin nur bedingt im Getreide, Heu und Gras vorkommen.
- Tryptophan wird in Vitamin B3 und Serotonin umgewandelt. Vitamin B3 wird in allen Zellen benötigt, wirkt als Antioxidans und unterstützt die Energiebereitstellung. Serotonin ist ein wichtiger Botenstoff bei der Reizübertragung des zentralen Nervensystems und kann dadurch Stress reduzieren.
Eiweißunverträglichkeit und -überschuss
Grundsätzlich ist eine Eiweißunverträglichkeit bei einer bedarfsgerechten Fütterung sehr selten. Anders sieht es jedoch bei einem Überschuss an Eiweiß aus, auf den das Pferd – wie bei jedem Überschuss eines Nährstoffes – mit Nebenwirkungen und gesundheitlichen Schäden reagieren kann. Ein gesundes Pferd verträgt kurzzeitig die dreifache Menge des eigentlichen Bedarfs. Wenn jedoch dauerhaft zu viel gefüttert wird und das Pferd gegebenenfalls schon vorbelastet ist, können der Verdauungstrakt sowie Leber und Niere geschädigt werden. Rübenschnitzel, Öl, Mais sowie spät geschnittenes Heu und Stroh verfügen über sehr wenig Eiweiß und können einem Überschuss entgegenwirken.
Die häufigsten Symptome eines Eiweißüberschusses sind:
- Angelaufene Beine
- Durchfall/ Kotwasser
- Stumpfes Fell- und Haarkleid
- Ekzeme
- Muskelabbau
- Leistungsminderung
- Leber- und Nierenschäden
Eiweißmangel
Ein Eiweißmangel kommt heutzutage eher selten vor, da die Koppeln, das Heu und das Futter reich an Eiweiß sind. Eine Zufütterung kann aber in bestimmten Fällen sinnvoll sein. Pferde, die im Wachstum oder alt sind, intensiv gearbeitet oder zur Zucht eingesetzt werden, haben einen erhöhten Bedarf an essentiellen Aminosäuren und Proteinen. Bei Pferden, die nur sehr energiearm mit Futterstroh und Heu des 2. Schnittes gefüttert werden, kann eine Zufütterung mit Eiweiß ebenfalls notwendig sein. Luzerne, Bierhefe und Leinsamen sind reich an Eiweiß und können einem Mangel entgegenwirken.
Die häufigsten Symptome eines Eiweißmangels sind:
- Stumpfes Fell, Juckreiz, Ekzeme
- Brüchige Hufe, verlangsamtes Hornwachstum
- Pferd magert ab und frisst schlecht
- Leistungsminderung
- Muskelabbau
- Anfälliger für Infektionen, da das Immunsystem geschwächt ist
- Leber- und Nierenschäden
Eiweißbedarf und Rationsberechnung
Ein Eiweißmangel kann somit genauso Schäden anrichten, wie ein Überschuss. Eiweiß ist also nicht Auslöser einiger Krankheitsbilder, sondern eine falsche Rationsberechnung. Damit das Pferd keine Nebenwirkungen durch einen Mangel oder Überschuss bekommt, muss es bedarfsgerecht gefüttert werden.
Der empfohlene Tagesbedarf eines gesunden Pferdes im Erhaltungsbedarf liegt bei 3 g praecaecal verdaulichem Eiweiß/ Kilogramm metabolischem Körpergewicht. Klingt erstmal kompliziert – ist es aber nicht. Das metabolische Körpergewicht errechnet man aus dem gewogenen Körpergewicht hoch 0,75. Kleine Ponys haben im Vergleich zu ihrem Gewicht eine größere Körperfläche, als Großpferde.
Durch die Berechnung wird nicht nur das Gewicht, sondern auch die Körperfläche beachtet und somit verhindert, dass Pferd zu wenig bzw. zu viel bekommt. Zur Verdeutlichung: Ein deutsches Reitpony im Endmaß wiegt durchschnittlich 300 kg. Ein deutsches Sportpferd ist ca. 1,70 - 1,75 m groß und wiegt rund 600 kg. Das Großpferd wiegt also das Doppelte, ist aber logischerweise nicht doppelt so groß, sondern nur 20 - 30 cm größer. Im Rechenbeispiel wird dies auch nochmal verständlicher.
Rechenbeispiele:
Großpferd (600 kg): 600 0,75 = 121,23 metabolisches Körpergewicht
121,23 x 3 g pcvRp = 363,69 g pcvRp
Pony (300 kg): 300 0,75 = 72,1 metabolisches Körpergewicht
72,1 x 3 g pcvRp = 216,25 g pcvRp
Ein Pony benötigt also nicht automatisch nur die Hälfte bzw. ein Großpferd das Doppelte.
Wenn du dir bei der Rationsberechnung nicht sicher bist, weitere Fragen zu Eiweiß oder auch zur allgemeinen Fütterung deines Pferdes hast, helfen wir Dir gerne weiter!