Giftpflanzen - Teil I
Der Frühling ist in vollem Gange und die Natur grünt und blüht. Doch gibt es Giftpflanzen auf der Pferdeweide oder in deinem Ausreitgelände? In diesem Fachartikel möchten wir Dir einige der häufigsten Giftpflanzen vorstellen.
Wann ist eine Pflanze giftig?
Die Abgrenzung zwischen Heilpflanzen und Giftpflanzen ist kaum möglich, da viele Toxingemische auch pharmakologisch nutzbar sind. Jeder kennt wahrscheinlich das Zitat „Nur die Dosis macht das Gift“ (Kurzform des Zitats von Paracelsus aus den Septem Defensiones, 1538).
Während Heilpflanzen zur Linderung und Heilung von Krankheiten beitragen, führen Giftpflanzen zur Intoxikation. Folgen der Aufnahme von Toxinen sind schädliche Wirkungen auf den Körper und Beeinträchtigungen der Körperfunktionen.
Wie giftig eine Pflanze ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Art des Toxins und der Toxingehalt in den jeweiligen Pflanzenteilen: abhängig von Jahreszeit, Standort der Pflanze, Witterung uvm.
- Art der Aufnahme: subkutan, oral oder Inhalation
- Aufgenommene Menge
- Allgemeiner Gesundheitszustand, Disposition, Alter, Gewöhnung…
Um den Grad der Giftigkeit zu definieren, spricht man von der toxischen Dosis (minimale Menge, die zu Vergiftungserscheinungen führt) und der letalen Dosis (minimale Menge, die zum Tod führt).
Warum sind Pflanzen giftig?
Da Pflanzen an ihren Standort gebunden sind, haben sie verschiedene Abwehrmechanismen entwickelt. Die enthaltenen Toxine dienen z.B. als Schutz vor Fressfeinden oder Schädlingen wie Pilzen. Außerdem kann so verhindert werden, dass unreife Früchte und Samen gefressen werden, wodurch die Verbreitung der Pflanze verhindert werden würde. Teilweise sind die Gifte aber auch schlichtweg Abfallprodukte.
Was sind die häufigsten Giftpflanzen für Pferde?
Europäische Eibe
Toxizitätsgrad | sehr stark giftig |
Blütezeit | März - April |
Samenreife | August - Oktober |
Giftige Pflanzenteile | alle, außer Arillus (rotgefärbter Samenmantel; besonders Nadeln und zerkaute Samen |
Letale Dosis | 100 - 200 g Nadeln / Pferd (Cope et al., 2004) |
Symptome:
Akuter Verlauf:
- Taumeln, Ataxie, gesenkte Herzfrequenz, erschwerte Atmung, Muskelzittern, Unruhe, Durchfall, Seitenlage, Krämpfe, weite Pupillen
Protrahierter (verlängerter) Verlauf:
- Magen-Darm-Entzündung, Nierenentzündung begleitet von zuerst vermehrter Urinausscheidung, anschließend verminderte Urinausscheidung
Therapie: Dekontamination, symptomatische Therapie durch den Tierarzt
Thuja
Toxizitätsgrad | sehr stark giftig |
Blütezeit | April - Mai |
Giftige Pflanzenteile | alle, besonders Blätter |
Letale Dosis | unbekannt |
Symptome:
- Magen-Darm-Entzündung, Krämpfe, Leber- und Nierenschädigung mit Polyurie (viel Urinabsatz) und Oligurie (wenig Urinabsatz)
Therapie: Dekontamination, symptomatische Therapie durch den Tierarzt
Robinie
Toxizitätsgrad | stark giftig |
Blütezeit | Mai - Juni |
Fruchtreife | Herbst/Winter |
Giftige Pflanzenteile | alle, besonders Rinde und Samen |
Toxische Dosis | 70 g Rinde / Pferd |
Letale Dosis | 150 g Rinde / Pferd |
Symptome:
- Kolik, reduzierte Darmmotorik, Aussetzen des Kotabsatzes, Verstopfung der Beckenflexur
- Störung des zentralen Nervensystems (Gleichgewichtsstörungen, weite Pupillen, Blindheit, Festliegen)
- Hufrehe, Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz
Therapie: Dekontamination, symptomatische Therapie durch den Tierarzt
Berg- Ahorn
Toxizitätsgrad | giftig |
Blütezeit | April - Mai |
Fruchtreife | September |
Giftige Pflanzenteile | Samen (besonders Oktober - Dezember) und Keimlinge (Frühjahr) |
Toxische Dosis | 26,5 mg Hypoglycin A / 500 kg Pferd => 32 - 9000 Samen* |
Letale Dosis | unbekannt |
* Ein Berg - Ahorn Baum trägt ca. 500.000 Samen
Symptome:
- Atypische Weidemyopathie (akutes Absterben der Muskulatur) => Myoglobinurie (vermehrte Ausscheidung von Myoglobin über die Nieren; rot- bis braungefärbter Urin)
- Muskelschwäche, Steifheit, Muskelzittern, Festliegen, Schluckstörungen, Muskelschmerzen (erkennbar durch Schwitzen, Kolik)
- Schnelle, flache Atmung
- Leicht erhöhte Herzfrequenz und Herzgeräusche
Diagnose: Muskelbiopsie; Nachweis toxischer Metaboliten in Blut/Urin
Therapie:
- Prognose sehr schlecht => bis zu 75% der betroffenen Pferde versterben innerhalb von 72 Stunden
- Pferde von der betroffenen Weide entfernen
- Zuführen von Vitamin B, C, E und Selen und fettfreie, faserreiche Diät
Alle für Pferde relevanten Giftpflanzen aufzuführen würde den Rahmen sprengen, trotz alledem möchten wir in einem zweiten Teil auf vier weitere giftige Pflanzen eingehen.
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