Fruktan
Bei Fruktan klingeln bei vielen Pferdehaltern sofort die Alarmglocken. Lange, saftige Wiesen gelten schließlich immer noch häufig als der Hufreheauslöser. Dass die höchsten Fruktangehalte jedoch in kurzem Gras vorkommen, wissen die meisten gar nicht. Doch wie gefährlich ist Fruktan wirklich und wann sind die Gehalte besonders hoch?
Was ist Fruktan eigentlich und wofür benötigt die Pflanze es?
Fruktane sind langkettige Zuckermoleküle, die fast alle aus Fruktose bestehen und der Pflanze als Energiequelle dienen. Sie werden bei der Photosynthese gebildet und unterstützen die Pflanze beim Wachstum.
Wann ist der Fruktangehalt am höchsten?
Bei der Einschätzung des Fruktangehaltes spielen drei wichtige Faktoren eine entscheidende Rolle:
- Jahreszeit
- Wetter
- Länge der Gräser
- Jahreszeit:
Entgegen vieler Gerüchte ist der Fruktangehalt nicht nur im Frühjahr deutlich erhöht, sondern auch im Herbst und teilweise sogar an warmen, sonnigen Wintertagen.
- Wetter:
Frühjahr und Herbst haben etwas gemeinsam: Die Nächte sind meistens kalt, während es am Tag angenehm warm und bestenfalls noch sonnig ist. Die Fotosynthese findet also statt und es wird reichlich Fruktan produziert, damit die Pflanze wachsen kann. Durch die kalten Nächte wird das Wachstum der Gräser jedoch gehemmt. Das produzierte Fruktan kann somit nicht verwendet werden und wird im Gras gespeichert.
- Länge der Gräser:
Besonders viel Fruktan ist also in Gräsern enthalten, dessen Wachstum gehemmt wurde. Demzufolge ist vor allem kurzes Gras (unter 10cm) sehr fruktanhaltig. Das Fruktan in langem Gras konnte nämlich bereits verwertet werden, während es in kurzem Gras (noch) nicht verbraucht werden konnte. Zusätzlich bildet kurzes – dazu gehört auch abgefressenes Gras – vermehrt giftige Alkaloide, um sich vor Fressfeinden schützen zu können. Frisst das Pferd davon zu viel, kann es zu Störungen des Allgemeinbefindens, Stoffwechselerkrankungen und auch Hufrehe kommen.
Ist der Fruktangehalt auf gedüngten Wiesen höher?
Pflanzen benötigen zum Wachsen Mineralien, die Böden werden jedoch immer mineralstoffärmer. Das Graswachstum kann somit nicht nur durch das Wetter, sondern auch durch fehlende Mineralstoffe gehemmt werden. Pflanzen auf ungedüngten Wiesen haben demzufolge oftmals einen höheren Fruktangehalt, da sie schlechter wachsen und somit das produzierte Fruktan nicht verwerten können.
Ist Fruktan auch im Heu enthalten?
Ja! Viele Pferdehalter sehen die „Gefahr“ nur in frischem Gras, dabei können bis zu 80% des Fruktans aus dem Gras auch ins Heu gelangen. Die Werte sind grundsätzlich abhängig vom Schnittzeitpunkt. Die höchsten Gehalte sind bei einem frühen, ersten Schnitt und einem kurzen, zweiten Schnitt zu erwarten.
Wie gefährlich ist Fruktan?
Der Koppelgang wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden des Pferdes aus und das hat auch einen Grund: Fruktan gilt als Fructooligosaccharide, also kurz gesagt als Präbiotikum. Es ist somit bis zu einem bestimmten Maß sogar gut für die physische und psychische Gesundheit deines Pferdes. Zum Problem wird es erst - genauso wie bei vielen anderen Futtermitteln - wenn das Pferd zu viel aufnimmt.
Kann zu viel Fruktan Hufrehe auslösen?
Entscheidende Faktoren sind das Gewicht, die Fitness und die allgemeine Gesundheit deines Pferdes. Das Institut of Grasland and Environmental Research“ (IGER) in Wales untersuchte in einer Studie die Auswirkungen von Fruktan und analysierte, ab welchen Werten es bei gesunden Pferden Hufrehe auslöst. Die Studie zeigte, dass die Aufnahme von mehr als 750 g/100 kg ausnahmslos zu Hufrehe führt. Bei einem durchschnittlichen Großpferd, das 600 kg wiegt, wären das 4,5 kg Fruktan. In einem Kilogramm Gras (Trockenmasse = das was nach Abzug des Wassers noch übrigbleibt) sind ca. 80 g Fruktan enthalten und ein Pferd nimmt ca. 650 g/Stunde an Gras (TM) auf. Bei einem 10-stündigen Koppelgang gelangen demzufolge 520 g Fruktan in ein durchschnittliches Warmblut.
Das entspricht nur rund 11,6% des tolerierbaren Fruktangehaltes pro Tag. Bei einem fitten, gesunden Pferd ist Fruktan als alleiniger Auslöser für Hufrehe sehr unwahrscheinlich. Das heißt jedoch nicht, dass man das Pferd ohne es anzuweiden auf die Koppel stellen kann. Weitere Faktoren, wie zum Beispiel Wasser- und Eiweißgehalt müssen selbstverständlich berücksichtigt und das Pferd langsam daran gewöhnt werden.
Anders sieht es bei vorbelasteten Pferden aus, die bereits zu dick sind und/oder an Stoffwechselkrankheiten leiden. Bei diesen Pferden reichen deutlich geringere Werte, um eine Hufrehe auszulösen. Die tolerierbaren Gehalte schwanken je nach Gesundheitszustand stark, weshalb keine eindeutigen Grenzwerte genannt werden können.
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