Reduzierung der Antibiotikagabe in der Tierhaltung und Alternativen
Ein immer wieder viel beachtetes und diskutiertes Thema – der Antibiotikaeinsatz speziell in der Nutztierhaltung. Daher ist es durchaus erfreulich, dass sich die Menge der an Tierärztinnen und Tierärzte abgegebenen Antibiotika im Vergleich 2020 zu 2021 um etwa 100 Tonnen reduziert hat! Gerade die für die Behandlung von Menschen sehr wichtigen Reserveantibiotika wurden deutlich weniger eingesetzt 1. Dies ist insofern wichtig, da Resistenzen gegen Antibiotika weltweit immer mehr zum Problem werden, was als entscheidendes Kriterium dafür gilt, die Gaben zu reduzieren 2. Entsprechend verwundert es nicht, dass Verbraucher den inflationären Einsatz dieser Medikamentengruppe (in der Tierhaltung) immer stärker ablehnen. Wobei zu beachten ist, dass auch die Verschreibung von Antibiotika in der Humanmedizin zur Bildung von Resistenzen beiträgt. So konstatierte man noch 2017, dass ca. 30 % der Antibiotikagaben in der Humanmedizin nicht notwendig seien 3. Aktuellere Zahlen dazu sind leider nicht verfügbar; man möchte jedoch aufgrund der Brisanz der Thematik hoffen, dass sich auch hier in den letzten Jahren einiges getan hat.
Somit sieht sich die gesamte Lebensmittelkette der Herausforderung gegenüber, Alternativen bzw. Ergänzungen zu herkömmlichen Antibiotika zu entwickeln und auch einzusetzen. Eine Möglichkeit ist der Einsatz von sogenannten Phytonziden; dies sind Verbindungen, die sich in Pflanzengewebe ansammeln. Sie haben antibakterielle, antivirale und antimykotische (wirkt gegen durch Pilze verursachte Erkrankungen) Eigenschaften. Durch Untersuchungen konnten Pflanzen identifiziert werden, in denen diese positiven Eigenschaften besonders stark ausgeprägt sind. Dazu gehören bspw. Cayennepfeffer, Kurkuma, Weißer Senf oder Schwarzer Pfeffer. Gewürze, die auch in unserer Küche regelmäßig zum Einsatz kommen und über deren positive Wirkweisen, die weit über den Geschmack hinausgehen, wir uns gar nicht immer bewusst sind.
Welche Eigenschaften machen Phytonzide so besonders?
- Sie sind stark bakteriostatisch (das Wachstum von Bakterien wird gehemmt), fungizid („pilzabtötend“) sowie fungistatisch (das Wachstum und die Vermehrung von krankheitserregenden Kleinpilzen wird gehemmt)
- Sie hemmen die Entwicklung von Viren
- Sie regen die Durchblutung und die Sekretion von Verdauungssäften an
- Sie wirken galletreibend
- Sie senken den Cholesterin – und Blutzuckerspiegel
- Sie hemmen die Aggregation von Blutzellen, wodurch Thrombose und Atherosklerose verhindert werden
- Sie erhöhen den Appetit und das Eindringen von Nährstoffen aus dem Darmlumen ins Blut
Welche Maßnahmen in den einzelnen Bereichen der Lebensmittelkette können helfen, den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren?
Gehen wir davon aus, dass die Futtermittelindustrie am Anfang der Nahrungsmittelkette steht, können wir Alternativen bzw. Ergänzungen zum Einsatz herkömmlicher Antibiotika anbieten. Diese können bereits in das Endfutter eingemischt werden und somit im Vorhinein dazu beitragen, dass die Tiere vitaler und robuster sind. Wir bei Spezialfutter Neuruppin verfolgen diesen Ansatz schon seit mehreren Jahren, indem wir solche, rein pflanzlichen Produkte in unserem Portfolio haben. Wie oben beschrieben, kommen hier vielfältige positive Eigenschaften zum Einsatz – nicht zuletzt die Tatsache, dass Alternativen als Unterstützung in der Fütterung von Tieren dazu beitragen können, die Wirksamkeit von herkömmlichen Antibiotika zu erhalten. Zudem konnte in Untersuchungen festgestellt werden, dass die pflanzlichen Alternativen deutlich weniger bis gar keine Resistenzen bilden. Auch sind im Gegensatz zum Einsatz herkömmlicher Antibiotika keine Wartezeiten bei lebensmittelproduzierenden Tieren einzuhalten. Werden diese Futtermittel dann in der Tierhaltung eingesetzt, ist ein weiterer Schritt zu nahezu antibiotikafreien Lebensmitteln getan. Die Inhaltsstoffe im Futter können ihre positiven Eigenschaften bereits vorbeugend entfalten. Ein weiterer möglicher Schritt für Landwirte ist die Direktvermarktung, die aber leider nicht immer umsetzbar ist, da auch diese an zahlreiche Vorgaben gebunden ist. Im Optimalfall gehen die Bestrebungen in der Landwirtschaft Hand in Hand mit den Zielen von z.B. fleischverarbeitenden Firmen. In diesem Sektor gibt es ebenfalls schon Ansätze, ohne den Einsatz von Antibiotika zu produzieren. Sei es durch Vorgaben bestimmter Labels oder Marken (z.B. Reinert Herzenssache). Durch diese entsprechenden Kennzeichnungen kann der Verbraucher diese Lebensmittel auch einfacher erkennen und unterscheiden. Schlussendlich ist die Aufnahme solcher Nahrungsmittel dann die Aufgabe des Lebensmitteleinzelhandels, der damit auch eine verstärkte Verbrauchernachfrage bedienen kann. Was impliziert, dass der Verbraucher dadurch auch eine gewisse Macht hat, diese Entwicklung zu forcieren. Jedoch bleibt aktuell auch festzuhalten, dass der Einsatz von Alternativen (noch) teurer ist, was letztlich auch die entsprechenden Lebensmittel in ein höheres Preissegment einordnet.
Wie ist die Entwicklung in einer antibiotikafreien bzw. - reduzierten Aufzucht zu bewerten?
Fakt ist, dass sich der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung in den letzten Jahren verändert hat. Angefangen vom Verbot, diese prophylaktisch einzusetzen bis hin zum Antibiotika-Monitoring, was Betrieben, die mehrmals in die schlechteste Monitoring – Kategorie eingestuft werden, bestimmte Restriktionen auferlegt. Dies kann die Reduzierung der Anzahl der Tiere pro qm sein oder der Einsatz von Impfungen. Dass sich der mengenmäßige Einsatz von Antibiotika auch dadurch deutlich reduziert hat, ist als Erfolg zu werten und wahrscheinlich wird eine verantwortungsvolle Nutztierhaltung auch nie ganz ohne ihren Einsatz auskommen. Daher sollte eine Kombination aus herkömmlichen Maßnahmen und neuen Erkenntnissen vielleicht der Mittelweg sein, um zu einer noch nachhaltigeren Lebensmittelproduktion zu kommen. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass entsprechende Beiträge in der Tierernährung zum Einsatz kommen, wobei uns auch bewusst ist, wie komplex dieses Thema über die gesamte Lebensmittelkette betrachtet, ist.