Ein Schlüssel zu langlebigen Kühen ist weiß! - Christinas Blog für Milchviehhalter!
Hallo Ihr lieben Kuh-Virus-Infizierten!
Diesmal widme ich mich dem Schlüsselelement, noch vor der verfügbaren Energie, wenn es um langlebige Kühe geht: dem Calcium.
In seiner Reinform ist es ein silbernes Erdalkalimetall. Die Fähigkeit, starke Basen zu bilden, lässt der Name schon vermuten. Als Element der 2. Hauptgruppe im Periodensystem ist es zudem hochreaktiv und geht dennoch stärkere Bindungen ein als Elemente der ersten Hauptgruppe, wie z.B. Natrium.
Aufgrund dieser Eigenschaften übernimmt das Calcium eine Menge lebenswichtiger Funktionen im Stoffwechsel unserer Kühe. Im Körper befinden sich 7 bis 17g Calcium pro kg Gewicht. Das können im Körper einer Kuh um die 11 kg reines Calcium sein. Die wichtigste Funktion von Calcium ist die Mineralisierung der Knochen und Zähne in Verbindung mit Phosphor. 99 % des körpereigenen Calciums sind in den Knochen gespeichert und verleihen ihnen ihre Stabilität. Die Hälfte des 1%, das nicht im Knochen gelagert ist (0,5%), ist biologisch aktiv. Und bei diesen 0,5 % wird es richtig interessant! Ich finde es total faszinierend, dass dieser kleine Prozentsatz so gigantische Auswirkungen auf die Gesundheit unserer Kühe hat!
Ein Großteil des Calciums verlässt den Körper der Kuh über die Milch. Das etwa sind 1,25g / kg Milch, wie mir einer der führenden Experten auf diesem Gebiet verraten hat. Auch das Kalb benötigt schon im Bauch der Kuh ungefähr 10g Ca pro Tag, welches die Kuh über das Futter aufnehmen sollte. Dieses Kalb benötigt später als Jungkuh etwa 30g Ca pro Tag zum Wachsen, für starke Knochen und Zähne. Damit sie auch Morgen noch kraftvoll zubeißen und herumspringen kann. Danach benötigt der Organismus Calcium für die Muskelkontraktion. Ein absolutes Worst-Case-Szenario ist so wenig freies Calcium, dass die Kuh sich gar nicht mehr bewegen kann. Sie liegt dann fest. Im schlimmsten Fall kann auch der Herzmuskel seine Arbeit nicht mehr verrichten. In weniger dramatischen Mangelsituationen bleibt „nur“ Nachgeburt hängen oder die Kühe sind anfälliger für eine Metritis, weil die Muskulatur der Gebärmutter schlechter arbeitet. Auch die Muskulatur des Pansens kann beeinträchtig sein. Das führt im schlechteren Fall zur Labmagenverlagerung und im milderen Fall zu Appetitlosigkeit. Außerdem stabilisiert Calcium die Zellmembranen. Es wird für die Signalübermittlung in der Zelle und für die Blutgerinnung benötigt.
Der Blut-pH-Wert wird mit Hilfe von Calcium und Wasserstoff im Gleichgewicht gehalten. Schwankungen im Blut-pH-Wert sind vom Organismus kaum tolerierbar, da der gesamte Stoffaustausch auf einen stabilen Blut-pH-Wert angewiesen ist.
Wenig freies Calcium im Blut führt zu einer Blut-Alkalose. Viel freies Calcium im Blut führt zu einer Blut-Acidose. Eine Blut-Acidose führen wir, zur Milchfieberprophylaxe, auch mit „sauren Salzen“ herbei.
Weil Schwankungen im Blut-pH-Wert so folgenschwer sind, hat die Natur unsere Kühe mit einem genialen Regulationsmechanismus ausgestattet. Wenn zu viel freies Calcium im Blut ist, schüttet die Schilddrüse Calcitonin aus. Dieses Hormon sorgt für die Ausscheidung von Calcium aus dem Körper. Das kann über die Nieren geschehen (die Calciumausscheidung ist dann im Urin nachweißbar), über den Kot oder das überschüssige Calcium wird wieder im Knochen eingelagert.
Der Gegenspieler vom Calcitonin ist das Parathormon. Es stellt Calcium aus dem Knochen parat und wird in der Nebenschilddrüse gebildet.
Um eine optimale Calciumversorgung unserer Milchkühe zu gewährleisten, verwenden wir in unserem Mineralfutter zumeist Calciumcarbonat (CaCo3), Kreidekalk aus Sölde. Das ist Kreidekalk, der oberirdisch abgebaut, getrocknet und vermahlen wird. Durch diese Art der Gewinnung hat dieser besondere Kalk eine weiche poröse Struktur. Durch die verhältnismäßig große Oberfläche wird er viel besser aufgeschlossen als der unterirdisch abgebaute Steinkalk etwa. Calciumsulfat CaSo4 (Gips) ist eine weitere Calciumquelle. Wir benutzen diese hochverfügbare Ca-Quelle in Trockenstehermineralien, bei denen es auf niedrige DCAB-Gehalte ankommt. Calciummagnesiumcarbonat wird auch gerne als Ca-Lieferant angegeben. Es ist sehr kostengünstig und schlecht verfügbar. In Futtermitteln kommen Calciumverbindungen auch in Form von Carbonat, Phosphaten, Chlorid, Sulfat, Acetat, Laktat, Gluconat, Formiat, Propionat u. a. vor.
Reines Calciumcarbonat besteht zu 50% aus Ca+ Ionen und zu 50% aus CO32- Ionen. Firmenintern gehen wir davon aus, dass 1/3 unseres Kreidekalkes als Ca für Kühe verfügbar ist. Der DVT gibt in seiner Broschüre „Mineralfutter in der Tierernährung“ für Kühe mit extrem hoher Milchleistung einen täglichen Bedarf von bis zu 159 g Calcium pro Kuh an.
Meine sehr zuverlässige Expertenquelle hat mir außerdem verraten, dass Ihr Euch, wenn Ihr gerne noch Genaueres zu den Bedarfsnormen wissen möchtet, beim Ausschuss für Bedarfsnormen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie in Deutschland informieren könnt. Die sind immer top aktuell. 2001 haben sie die letzten Empfehlungen für Milchrinder publiziert.
Puh! Calcium! Es ist schon ein sehr umfangreiches und mega spannendes Thema! Ich bin immer wieder fasziniert von den genialen Zusammenhängen und Mechanismen, die die Natur so zu bieten hat.
Vielen Dank fürs Durchhalten und Euer Interesse! Ich wünsche Euch und gesunde, langlebige Kühe und eine ökonomische Milchproduktion!