Die Umstellung von konventioneller Milchviehhaltung auf Bioproduktion
Der Trend zu Lebensmitteln aus Biohaltung hat sich während der Corona-Pandemie weiter verstärkt. Immer mehr Verbraucher verbinden mit Nahrungsmitteln aus ökologischem Landbau eine natürlichere und gesündere Ernährung sowie mehr Tierwohl. Für Landwirte, die sich für die Umstellung auf Bioproduktion entscheiden, kommen noch Aspekte wie bessere Fördermöglichkeiten, gleichbleibende Marktverhältnisse und stabilere Marktpreise zum Tragen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Siegel unterschiedlicher Verbände, die sich in ihren Anforderungen teilweise stark unterscheiden. Einige unserer Fachberater begleiten derzeit bei einem unserer Kunden die Umstellung einer Hochleistungsherde auf ökologische Landwirtschaft. Dies erfolgt in Zusammenarbeit mit Naturland – Verband für ökologischen Landbau e.V. Daher gehen wir an dieser Stelle auf das Naturland – Siegel und dessen Anforderungen näher ein.
Vor dem praktischen Start der Umstellung muss zuerst ein Naturlandberater konsultiert werden, inwiefern eine Umstellung überhaupt möglich ist. Zusätzlich muss ein Vertrag mit einer Ökokontrollstelle abgeschlossen werden.
Was ist in den unterschiedlichen Bereichen eines Milchviehbetriebes noch zu beachten?
Stall:
- Mindestens 6 m2 Stallfläche / Kuh, davon mind. 50% ohne Spalten
- Während der Vegetationszeit muss Weidegang gewährleistet sein (min. 400 m2 / Kuh), eine reine Stallhaltung ist nur in Sonderfällen möglich
- Das Verhältnis Kuh: Liegeplatz muss 1:1 betragen
- Nur organische Einstreu
- Das Verhältnis Kuh: Fressplatz muss ebenfalls 1:1 betragen, bei Vorratsfütterung: 1,2: 1
Kälber und Jungvieh:
- Gruppenhaltung für Kälber ab dem 8. Lebenstag
- Milchtränke bis zum Ende des 3. Lebensmonats
- Jungtiere müssen Weidegang oder ganzjährigen Auslauf erhalten
- Enthornung ist auf Antrag bei der Kontrollbehörde möglich
Futter:
- Mindestens 60% hofeigenes Futter
- Zugekauftes Futter aus landwirtschaftlicher Herstellung muss Naturland zertifiziert sein
- Der Kraftfuttereinsatz ist auf max. 40% im Jahresdurchschnitt begrenzt, in der Frühlaktation darf er bei 50% liegen
- Futter aus dem 1. Umstellungsjahr darf zu 20% in der Ration der Folgejahre verfüttert werden (Ausnahmen: Getreide und Mais)
- Futter aus dem 2. Umstellungsjahr darf zu 100% verfüttert werden
- Es darf kein gentechnisch verändertes Futter eingesetzt werden
Tierarztbehandlungen:
- Alle Mittel, die vom Tierarzt verschrieben werden, sind zugelassen
- Die doppelte Wartezeit muss eingehalten werden
- Ist keine Karenzzeit auf dem Produkt angegeben, sind 48 Stunden einzuhalten
- Maximal drei Behandlungen pro Jahr (exkl. Parasitenbehandlungen und Impfungen)
Speziell für die Milchviehfütterung ergeben sich daraus folgende Anforderungen und Aspekte, die zu bedenken sind:
- In der praktischen Fütterung sind insbesondere die Energie- und Eiweißversorgung hochleistender und frisch laktierender Kühe eine Herausforderung
- Eiweißträger müssen aus eigenem Anbau kommen, es dürfen keine Extraktionsschrote gefüttert werden
- Harnstoff darf nicht eingesetzt werden!
- Der Einsatz von Futterfetten ist ebenfalls untersagt
Die Entscheidung, seinen Betrieb auf ökologische Produktion umzustellen, sollte anfangs immer mit Überlegungen zu den praktischen Herausforderungen einhergehen. Dann müssen ökonomische Konsequenzen bedacht werden. Gerade in der Umstellungsphase, die ca. 2 Jahre dauert, ist nicht von Mehreinnahmen auszugehen, denn die Milch wird erst nach 19 Monaten als Biomilch anerkannt. Eine Verkürzung der Umstellungszeit ist jedoch möglich, wenn bspw. die Stallungen schon den Bedingungen des Verbandes entsprechen oder das Grünland schon auf Biofutter umgestellt ist. Zu beachten ist auch, dass es in diesem Bereich keine standardisierten Vermarktungsstrukturen gibt und Netzwerke erst erschlossen werden müssen.
Quellen:
Naturland: https://naturland.de/de/, 26.03.21, 11:30 Uhr
Ökolandbau.de – Das Informationsportal: https://www.oekolandbau.de/, 25.03.21, 12:10 Uhr
Menschfairtier: https://www.menschfairtier.de/, 25.03.21, 12:15 Uhr
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